Anwendungsmöglichkeiten für Urtica urens Globuli

Zusammenfassung

Bei wem?: Urtica ist ein typisches Mittel für Personen, die an einer Hauterkrankung leiden. Häufig finden sich allergische Neigungen gegen spezielle Nahrungsmittel oder gegen Pflanzenpollen. Urtica kann zu den Notfallmitteln gezählt werden, die bei allergischen Reaktionen eingesetzt werden können. Personen, bei denen solche schon einmal aufgetreten sind, könnten mit Urtica ihre homöopathische Haus- oder Notfallapotheke sinnvoll ergänzen. Wichtig ist auch der Einsatz bei Beschwerden nach dem Verzehr von Meeresfrüchten und Muscheln.
Urtica ist ein kleines Mittel, das vor allem aufgrund der körperlichen Symptomatik verordnet wird und im Unterschied zu vielen anderen homöopathischen Mitteln dabei nicht so sehr auf die Gemütsebene Rücksicht genommen werden muss. Sollten die Gemütssymptome bei einem Alternativmittel jedoch zutreffen, so ist dieses zu verordnen.

Wo wirkt es?: Zu den organischen Hauptangriffspunkten zählt in erster Linie die Haut, daneben auch Harn- und Geschlechtsorgane (Urogenitalsystem), Leber und Milz.

In welchem Alter?: Das Mittel wird sowohl in der Kinderheilkunde als auch in der Therapie von Erwachsenen eingesetzt. Bei Kindern ist zum Beispiel der Einsatz nach Insektenstichen gebräuchlich.[2][3]

Wahlanzeigende Beschwerden

Information zu Wahlanzeigende Beschwerden

Nach den Angaben der klassischen Homöopathie kann die hier beschriebene Arznei bei all jenen Betroffenen hilfreich sein, die mindestens zwei der folgenden körperlichen Beschwerden aufweisen. Diese müssen in Verbindung mit mindestens einem der genannten Umstände stehen, unter welchen sich die Beschwerden verschlechtern. Je mehr der aufgeführten Punkte auf den Betroffenen zutreffen, desto sicherer wird die Wahl der beschriebenen Arznei.

Hauptbeschwerden

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Charakteristische Leitsymptome des Homöopathikums Urtica sind der stechende, brennende Schmerz, Nesselausschlag und Juckreiz. Typischerweise zeigen sich diese Beschwerden im Rahmen einer allergischen Reaktion, einer Urtikaria, nach dem Verzehr von Schalentieren, bei einem Gichtleiden oder bei anderen rheumatischen Erkrankungen. Ein Charakteristikum des Mittels ist die Periodizität der Symptomatik: Beschwerden können jedes Jahr um die gleiche Zeit auftreten.

Verbesserung: Besserung durch Reiben und Hinlegen.[2][3]

Verschlechterung: Bei Wärme, nach dem Schlaf, nach körperlicher Betätigung, nach dem Baden, nach Genuss von Schalentieren, nach Berührung, beim Liegen auf der rechten Seite. Verschlechterung auch durch Kühle (zum Beispiel kaltes Wasser oder Schneeluft), nach Unterdrückung der Hautausschläge, nach Scharlach, nachts, nach Verbrennungen und bei Rheumatismus.[2][3]

Kopf

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Schwindel, Kopfschmerzen mit gleichzeitigen Milzschmerzen.[1][2][3]

Gesicht

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Hautausschläge im Gesicht, auch Herpes, der vor allem rund um die Lippen auftritt. Urtikaria und allergische Reaktionen mit Manifestationen im Gesicht, so zum Beispiel Schwellungen um die Augen. Ausschläge auch rund um die Augen mit Bläschen an den Lidrändern.[1][2][3]

Atmungsorgane / Brust / Herz

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Urtikaria und Hautausschläge auf der Brust. Bei stillenden Frauen kann die Milch versiegen, wobei die Brüste aber gleichzeitig anschwellen.[1][2][3]

Verdauungsorgane

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Flaues Gefühl im Magen nach dem Essen, Erbrechen durch Unterdrückung der Urtikaria. Werden die Hautausschläge unterdrückt, so können auch Durchfälle auftreten. Milzschwellung.[1][2][3]

Harnorgane

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Scharfer Urin, der Juckreiz verursacht. Neigung zu Nieren- oder Blasensteinen.[1][2][3]

Geschlechtsorgane

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Hautauschläge rund um das weibliche Genital, mit starkem Juckreiz und Schwellung. Ausschlag kann vor allem in der Schwangerschaft auftreten. Juckreiz auch beim männlichem Genital, welcher den Schlaf empfindlich stört.[1][2][3]

Bewegunsorgane

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Störung des Harnsäurestoffwechsels (harnsaure Diathese), Gichtknoten an den Fingergelenken, Schmerzen und juckende Schwellungen an Oberarmen und der Hand.[1][2][3]

Haut

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Typisches Brennen wie durch Nesseln, das besonders stark nach dem Schlaf ist. Hautausschläge und Urtikaria, die sich mit rheumatischen Beschwerden abwechseln können. Starker Juckreiz und Brennen auf der Haut, beides verschlechtert sich typischerweise beim Warmwerden, nach körperlicher Anstrengung, nach dem Baden und bessert sich im Liegen. Typisches Mittel auch bei Insektenstichen, die mit Schwellung und Juckreiz einhergehen. Gutes Mittel bei Verbrennungen, vor allem, wenn diese durch heißes Wasser erfolgt sind.[1][2][3]

Dosierung und Einnahme von Globuli Urtica urens

Homöopathische Mittel sind aufgrund ihrer guten Verträglichkeit und der ausbleibenden Nebenwirkungen für alle Altersklassen, Stillende und Schwangere geeignet. Bei der Anwendung von Potenzen ab D30 sowie LM- oder Q-Potenzen sollte ein fachkundiger Arzt, ein Homöopath oder eine Hebamme zurate gezogen werden.

Einnahme Empfehlungen und Regeln

  • Für die Selbstbehandlung empfohlen werden meist die Potenzen D6 – D12. Die Behandlung von Schwangeren und Kindern soll stets in Absprache mit Frauenarzt, Hebamme oder Kinderarzt erfolgen.
  • Die Behandlung sollte abgebrochen werden, wenn eine Verschlechterung der Symptome über mehrere Tage anhält.
  • Im Rahmen der Selbstbehandlung sollte stets nur ein Mittel auf einmal versucht werden.
  • Es darf niemals ein schulmedizinisches Medikament eigenmächtig abgesetzt und/oder durch ein Homöopathikum ersetzt werden. Die Einnahme unterstützender Mittel sollte stets mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.

Auch die Einnahme selbst erfordert besondere Aufmerksamkeit. Unabhängig von der Art der Darreichungsform (Globuli, Tablette oder Tropfen) sind Homöopathika empfindliche Stoffe, deren Wirksamkeit durch äußere Reize möglicherweise beeinflusst werden können. Um eine Heilwirkung nicht zu gefährden, sollten zur Sicherheit folgende Regeln beachtet werden:

  • Vor der Einnahme des Mittels sollten die Mundschleimhäute 15 Minuten frei sein von Speisen und Getränken, Nikotin oder Alkohol.
  • Globuli, aufgelöste Tabletten oder Tropfen zur Vorsicht mit Plastiklöffeln einnehmen.
  • Stark riechende ätherische Öle (Latschenkiefer, Menthol, Kampfer) und Lösungsstoffe (Lacke, Farben, Benzin) sind während der Anwendung zu vermeiden.
  • Minze, Zahnpasta, Kaugummi, Kaffee und Alkohol zur Sicherheit der Wirkung möglichst vermeiden oder den Gebrauch stark einschränken.

Einnahme für Säuglinge und Kleinkinder:

Ein Säugling (bis 12 Monate) bekommt 1 Kügelchen, ein Baby ab dem zweiten bis zum dritten Jahr darf 2 Globuli einnehmen.Größere Kinder bekommen 3 Globuli. Die Globuli werden dem Säugling und Baby einfach in die Wangentasche gelegt. Tropfen (Dilution) werden immer in Wasser gelöst. Sie können auf einem Plastiklöffel gegeben werden oder mit einer Pipette -die in jeder Apotheke zu kaufen ist- in den Mund getropft werden. Praktisch ist es auch, den Schnuller in die wässrige Arzneilösung zu tunken und dem Säugling zu geben. Auch eine Verabreichung über die Trinkflasche kann gut gelingen.

Einnahme für Erwachsene

Die Globuli auf einen Plastiklöffel geben und langsam im Mund zergehen lassen. Tropfen ebenfalls mit einem Plastiklöffel einnehmen. Tabletten können in die Wangentasche gelegt werden, wo sie sich auflösen. Sie können alternativ auch in Wasser gelöst und getrunken werden.

Behandlungsdauer

Die Dauer der Behandlung richtet sich nach dem Beschwerdebild. In der Regel werden homöopathische Arzneien nur solange eingenommen, bis die Beschwerden geheilt sind oder deutlich besser werden. Zu beachten ist es, dass die Einnahmehäufigkeit variieren kann. Oftmals gehen die Empfehlungen dahin, akuten Beschwerden mit häufigen Einnahmen zu begegnen und die Abstände mit Besserung der Beschwerden zu verlängern. Hohe Potenzen (ab C200) werden in der Regel nur von heilkundigen homöopathischen Ärzten oder Heilpraktikern verordnet und eignen sich nicht zur Selbstbehandlung, da ihre Wirkweise eine andere Dynamik hat, als die der tiefen D-Potenzen.

Wirkungsweise und Nebenwirkungen von Urtica urens Globuli

Homöopathische Mittel werden als „energetische Arzneien“ bezeichnet. Ihre Wirkung basiert auf dem Ähnlichkeitsprinzip. Das bedeutet, dass die Mittel hier, anders als bei allopathischen Arzneien (Schulmedizin), dem Immunsystem nicht entgegengesetzt werden, sondern unterstützend zum Einsatz kommen. Es geht demnach nicht darum, dem Körper die Arbeit abzunehmen, sondern ihn in seinem natürlichen Tun zu unterstützen. Deshalb bedarf es eines der zu behandelnden Beschwerde ähnelnden Reiz, um diese Selbstheilungskräfte (Hahnemann sprach von der individuellen Lebenskraft) zu aktivieren. Es wird ausdrücklich betont, dass es bei der Anwendung homöopathischer Mittel nicht um eine bloße Beeinflussung der Erkrankung geht, sondern vielmehr um die Belebung der Vis Mediatrix Naturae (Heilkraft der Natur). Sie soll helfen die Beschwerden zu neutralisieren.

Der Gedanke hinter diesem Prinzip ist die Annahme, dass jeder Mensch auf vielfältige Art und Weise mit seinem Umfeld interagiert: die Homöopathie spricht hier vom Prinzip der harmonischen Resonanz. Dies umfasst sowohl positive als auch negative Auswirkungen und äußert sich bei jedem Individuum anders. Diese Auswirkungen werden für die homöopathische Behandlung nutzbar gemacht, indem Lebensenergie (Prana oder Qui genannt) in flüssigen oder trockenen Medien eingeschlossen wird. Bei jedem Verdünnungsschritt des Mediums wird folglich die enthaltene Energie weiter potenziert. Je höher also die Potenz, umso stärker wirkt das Mittel, auch wenn dies mit einer Verdünnung der ursprünglich enthaltenen Substanz einhergeht. Übrig bleibt die Energie, die mit dem Körper interagiert. Die Wirkung höher potenzierter Mittel geht tiefer und hält länger vor.

Aufgrund des unterstützenden Charakters kann es, besonders bei den sogenannten Hochpotenzen (ab C200, LM- und Q-Potenzen), zu einer Erstverschlimmerung der Symptomatik kommen. Sie kann ein paar Tage nach Einnahmebeginn einsetzen und wird als positives Zeichen für die adäquate Reaktion des Körpers gewertet. Ein Ausbleiben der Erstverschlimmerung ist jedoch im Umkehrschluss kein Zeichen mangelnden Erfolges, da längst nicht alle Mittel diese Erstreaktion auslösen (Sulfur ist zum Beispiel bekannt für das vermehrte Auftreten einer Erstverschlimmerung). Besonders häufig wird sie bei der Behandlung chronischer Krankheiten beobachtet.

Die Einnahme homöopathischer Mittel soll grundsätzlich mit dem Ausbleiben der behandelten Beschwerden beendet werden. Bei einer Einnahme über die erforderliche Zeit hinaus (die wohl einzige beschriebene Form der Überdosierung) können die ursprünglichen Symptome zurückkehren, was Hahnemann als „Spätverschlimmerung“ bezeichnete. Diese wird, anders als das erste Auftreten der Beschwerden, nicht behandelt. Stattdessen wird das Mittel nun abgesetzt. In der Regel ebbt die Spätreaktion nach 3 – 4 Wochen von selbst ab.

Alternative homöopathische Mittel zu Globuli Urtica urens

Urtica deckt ein sehr spezifisches Wirkspektrum ab, bei welchem jedoch bisweilen Überschneidungen mit anderen Mitteln möglich sind. Im Folgenden sollen ein paar der wichtigsten Alternativmittel vorgestellt werden.[1][2]

Apis mellifica

Apis aus der Honigbiene (Apis mellifica) stellt wohl die wichtigste Alternative zu Urtica dar. Auch bei Apis finden sich Schwellung und Juckreiz der betroffenen Haut- oder Schleimhautareale und eine rasche Entwicklung der Symptomatik. Während die Hauterscheinungen bei Urtica eher dem Kontaktbild der Haut mit Brennnesseln ähneln, so gleichen sie bei Apis eher einem Bienenstich. Auch bei Apis finden sich stechende und brennende Schmerzen, die sich jedoch durch kühle Anwendungen bessern, Berührung und Druck werden nicht toleriert. Typisch für Apis ist die Durstlosigkeit.

Rhus toxicodendron

Das bekannte Mittel Rhus toxicodendron aus dem Giftsumach (Toxicodendron quercifolium) ist eine wichtige Option bei Hautausschlägen mit kleinen, juckenden und schmerzenden Bläschen. Verschlimmerung zeigt sich bei feuchtem und kaltem Wetter und in Ruhe, während die Symptome sich bei Wärme und durch Reiben bessern. Charakteristisch für Rhus toxicodendron sind die große Ruhelosigkeit, der Bewegungsdrang und das Nachlassen der Gelenkschmerzen bei fortgesetzter Bewegung.

Agnus castus

Was den Einsatz von Urtica bei fehlender Milchbildung bei stillenden Frauen betrifft, so ist dieser zunächst mit dem Mittelbild Agnus castus aus der Heilpflanze Mönchspfeffer (Vitex Agnus Castus) abzuwägen: Agnus castus kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn zusätzlich depressive Verstimmung, große Angst und Verzweiflung vorliegt.

Urtica urens Globuli: Hintergrundinformationen

Das homöopathische Mittel Urtica wird aus der zur Blütezeit geernteten ganzen frischen Pflanze der kleinen Brennnessel (Urtica urens) anhand den Vorschriften 2a und 7 des homöopathischen Arzneibuches (HAB) hergestellt.[1]

Urtica urens ist eine einjährige Pflanze aus der Familie der Brennnesselgewächse (Urticaceae), ist in ganz Europa verbreitet und häufig vor allem auf gut gedüngten Böden und in Menschennähe anzutreffen. Der Name „kleine Brennnessel“ stammt daher, da sie neben der bekannteren großen Brennnessel (Urtica dioica) das kleinere Gewächs innerhalb der in Europa am meisten verbreiteten Brennnesselgewächse darstellt. Ähnlich wie Urtica dioica weist auch Urtica urens zahlreiche Brennhaare auf, die bei Kontakt mit der Haut die typischen Symptome Quaddelbildung, Juckreiz und stechende Schmerzen hervorrufen. Dieser Effekt tritt bei Urtica urens jedoch deutlich heftiger und schmerzhafter auf. Ursächlich hierfür ist ein Gemisch aus Ameisensäure, Serotonin, Histamin, Acetylcholin und Natriumformat, welches bei Kontakt mit den Brennhaaren in die Haut injiziert wird. Die Pflanze wird bis zu einem halben Meter hoch und trägt eher unscheinbare, gelb-grünliche Blüten in den Blattachsen.
Synonym gebräuchliche Bezeichnungen für die Pflanze sind zum Beispiel die Namen kleine Haarnessel oder kleine Hanfnessel.[4]
Urtica urens wird seit dem Altertum als Heilpflanze eingesetzt. Analog zu Urtica dioica wurde sie vor allem bei Gichtleiden, Rheumatismus der Muskel und Gelenke, Hautkrankheiten, Blasenentzündung, Blutungen, zur Frühjahrskur, bei Leber- und Gallenleiden und als Haarwuchsmittel angewandt. Zur Verwendung kamen hierbei die oberirdischen Anteile von Urtica urens. Im Gegensatz zur Anwendung in der Homöopathie, wo man ihre heftigen Hautsymptome schätzt, steht die kleine Brennnessel in der heutigen modernen Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) im Schatten der großen Brennnessel: Tees, Tinkturen und andere Kräuterzubereitung werden fast ausschließlich aus Urtica dioca hergestellt.[5]