Krankheit und Gesundheit?

Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Folge ist „Gesundheit ein Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen.“[3]

Samuel Hahnemann beschreibt Gesundheit jedoch als Zustand der Abwesenheit von Krankheitssymptomen. Dieser Ansatz steht der WHO-Definition in Teilen gegensätzlich gegenüber.

  • „Es läßt sich nicht denken, […], daß, nach Hebung aller Krankheitssymptome[…], etwas anders, als Gesundheit, übrig bliebe[…], so daß die krankhafte Veränderung im Innern ungetilgt geblieben wäre.“ [4]

Sind also alle Krankheitssymptome verschwunden, so ist der Zustand der Gesundheit (wieder-) hergestellt.

  • „Im gesunden Zustande des Menschen waltet die geistartige, als Dynamis den materiellen Körper belebende Lebenskraft unumschränkt und hält alle seine Theile in bewundernswürdig harmonischem Lebensgange in Gefühlen und Thätigkeiten, so daß unser inwohnende, vernünftige Geist sich dieses lebendigen, gesunden Werkzeugs frei zu dem höhern Zwecke unsers Daseins bedienen kann.“ [5]

Hier kommt ein zweiter, wichtiger Aspekt der Homöopathie zum Ausspruch: Alles Leben hat eine Kraft, eine Energie oder Seele in sich („Dynamis“), die es lebendig macht. Diese Kraft bedient sich dem Körper, der tatsächlich selbst nur aus den bekannten Bausteinen der Materie zusammengesetzt ist (somit chemisch, physikalisch ist, messbar ist).

  • „Wenn der Mensch erkrankt, so ist ursprünglich nur diese geistartige[…]durch ein dem Leben feindlichen, dynamischen Einfluß eines krankmachenden Agens verstimmt; nur das zu einer solchen Innormalität verstimmte Lebensprincip kann dem Organism die widrigen Empfindungen verleihen […], die wir Krankheit nennen, denn dieses, an sich unsichtbare und bloß an seinen Wirkungen im Organism erkennbare Kraftwesen, giebt seine krankhafte Verstimmung nur durch Aeußerung von Krankheit in Gefühlen und Thätigkeiten, […].“ [6]

Kurz gesagt: Krankheit ist immer ein Ausdruck der „Verstimmung der inneren Kraft“. Diese Verstimmung schlägt sich dann im unnormalen Verhalten (zum Beispiel häufiges Husten) nieder. Der Körper ist nur dann krank, wenn es auch seine Geistkraft ist.

Grundlegende Wirkprinzipien in der Medizin

Jede Form der Medizin versucht auf ihre Weise die Gesundheit des Menschen zu erhalten oder wiederherzustellen. Dabei fiel immer wieder auf, dass es zwei ganz grundlegende Mechanismen gibt, wie Medizin auf den menschlichen Organismus einwirken kann, ganz unabhängig woher sie kommt.

Durch die Homöopathie wird dem Organismus ein Reiz geboten durch eine Arznei. Dieser ruft eine entsprechende Antwort des Körpers hervor. Diese Antwort ist der eigentliche Mechanismus, der zur Gesundung beiträgt. Nicht die Arznei selbst, sondern der angeregte, gelenkte Organismus heilt sich selbst.Ein Ersatz von fehlenden Strukturen oder Substanzen (bspw. Vitaminpräparate) kennt die Homöopathie deshalb nicht, denn jedwede Gesundung kann nur durch die Reizantwort des Organismus selbst gelingen, ist also in den in ihm selbst liegenden Selbstheilungskräften zu suchen.

Um die Gesundheit wiederherzustellen, kann ein Arzneimittel entweder mitsinnig oder gegensinnig wirken.Dabei wird dem mitsinnigen Einfluss zugeschrieben:“ er greift den Zustand, Impuls oder Bewegungsrichtung des Organismus auf, (…), bedient sich der Verstärkung ohne Bestrafung.“

Der gegensinnige Einfluss fußt entsprechend auf Arzneimittel, die unterdrücken und gegen den Körper kämpfen „ Er ist das Prinzip von Polizei oder Militär“. Es kann nicht langfristig und nicht bei chronischen Krankheiten genutzt werden. [7]

Die Homöopathie bedient sich deshalb vor allem des mitsinnigen Einflusses.

Das Simile-Prinzip

Das Simile-Prinzip wurde von Hippokrates (460 v.Chr. – ca. 370 v.Chr.) für chronische Krankheiten empfohlen.

  • „Die Krankheit entsteht durch Einflüsse, die den Heilmitteln ähnlich wirken, und der Krankheitszustand wird beseitigt durch Mittel, die ihm ähnliche Erscheinungen hervorrufen.“

Chronische Krankheiten werden als Ausdruck fehlregulierter, übersteuerter Systeme aufgefasst, die einen entsprechenden Gegenreiz benötigen, um wieder in ihr harmonisches Gleichgewicht zu kommen. [8]

Auch die Schulmedizin kennt viele Systeme und Regelkreise, die übersteuert und fehlreguliert sein können – das Blutzucker-Insulin-System ist ein eindrucksvolles Beispiel.

  • „Blos jene Eigenschaft der Arzeneien, eine Reihe spezifischer Krankheitssymptomen im gesunden Körper zu erzeugen, ist es, wodurch sie Krankheiten heilen, das ist, den Krankheitsreiz durch einen angemessenen Gegenreiz aufheben und verlöschen können“ [9]

Nach Hahnemann muss einem Kranken also jene Arznei verabreicht werden, die beim Gesunden die (möglichst) gleichen Symptome verursacht haben. Weist der Kranke möglichst viele passende Symptome auf, ist die Übereinstimmung besonders hoch, so ist diese Arznei besonders geeignet.

Similia similibus curentur – Ähnliches durch Ähnliches heilen!

Symptomenlehre und Repertorisieren

Wenn also die Symptome des Kranken durch das Arzneimittel behoben werden können, welches die gleichen Symptome beim Gesunden hervorruft, dann ist es notwendig verschiedene Arzneien gesunden Probanden zukommen zu lassen und alle Veränderungen und Symptome exakt zu beschreiben.

Genau das hat Hahnemann getan und es wird auch heute noch von Homöopathen durchgeführt. Dadurch erweitert sich der Schatz der Arzneien, die verwandt werden können, beständig.

Alle Symptome und Wirkungen wurden werden in großen Nachschlagewerken gesammelt, den Repertorien.Um nun einen Kranken zu behandeln, muss man im ersten Schritt alle seine Symptome erfassen und dann im zweiten Schritt diejenigen Arzneimittel nachschlagen (was die Homöopathen konsequent „repertorisieren“ nennen), die beim Gesunden die gleichen Krankheitszeichen hervorgerufen haben.

Das Potenzieren

Das Potenzieren von Arzneien findet im Rahmen ihrer homöopathischen Herstellung statt. Am bekanntesten sind wohl die Vorgänge „Schütteln und Verdünnen“. Hier werden die Arzneistoffe derart (chemisch) verdünnt, dass rechnerisch kein einziges Atom der Ausgangssubstanz mehr vorhanden ist.

Die Homöopathie als sogenannte „phänomenologische“ (Phänomen = etwas, das sich beobachten lässt, sichtbar erscheint) Wissenschaft beschäftigt sich letztlich nicht mit dem physikalisch messbaren oder chemisch sinnvollen. Die Homöopathie schaut ganz auf den Patienten und seine Krankheitszeichen, die der Homöopath mit seinem Sinn wahrnimmt.

Und wie wirken Globuli nun?

  • „Die Homöopathie täte gut daran, sich und die Wirkung ihrer Arzneimittel als phänomenorientierte Wissenschaft zu begreifen.“ [7]

Nachdem die Grundlagen der klassischen Homöopathie nach Hahnemann aufgezeigt sind, lässt sich zu der Frage klar sagen: es ist unwichtig, wie Globuli wirken. Entscheidend ist, welchen Effekt sie haben, welche Symptome sie beim Gesunden hervorrufen und wo und wann sie deshalb bei dem passenden Patienten eingesetzt werden können.Die Homöopathie orientiert sich nicht an einzelnen Werten (wie den Blutdruck), sondern nur an den sinnlich wahrnehmbaren Symptomen. Wenn diese durch Globuli behandelt werden können, dann wirken Globuli.Der Frage nach dem „Wie“ auf molekularer Ebene kann kaum nachgekommen werden – und es ist auch nicht wichtig.