
Die Homöopathie zählt weltweit zu den bekanntesten und beliebtesten Vertretern aus dem Bereich der Naturheilverfahren. Immer mehr Menschen vertrauen der Kraft der kleinen Gaben bei der Behandlung von akuten oder chronischen Krankheiten. Dabei gelten die Mittel als sanft und nahezu frei von Nebenwirkungen. Kein Wunder also, dass auch immer mehr Tierhalter bei ihren Lieblingen auf diese Therapieform zurückgreifen. Darüber hinaus sehen viele Menschen in Heilungsberichten von Tieren den alten Vorwurf, die Homöopathie beruhe auf einem Placeboeffekt, als widerlegt an. Allerdings lassen sich die homöopathischen Grundsätze nur eingeschränkt auf die Anwendung bei Tieren übertragen und so stößt die Veterinärhomöopathie auch oft auf Kritik.
Geschichtliches zur Veterinärhomöopathie
Die Geschichte der Veterinärhomöopathie reicht weit zurück bis in die Ursprünge der Homöopathie. Bereits 1815 veröffentlichte der Coburger Hofapotheker Donauer die erste tierhomöopathische Schrift mit dem Titel „Vorschläge zur zweckmäßigen Behandlung kranker Tiere“.[1] Auch der Begründer der Homöopathie, der Arzt und Apotheker Samuel Hahnemann (1755 – 1843), beschäftigte sich mit dem Thema und hielt 1829 einen Vortrag vor Landwirten und Tierärzten über die homöopathische Behandlung von Tieren. Einer der ersten, der Tiere in größerem Umfang behandelte, war Clemens von Bönninghausen (1785 – 1864). Bönninghausen war ein Zeitgenosse Hahnemanns und stand mit ihm in engem Kontakt. Er hat die Homöopathie nach Anweisungen Hahnemanns weiterentwickelt und auch wichtige Impulse für die Anwendung der Arzneien bei Tieren gegeben.[2]
Prinzipien der Behandlung
Ausgangspunkt für die Verordnung homöopathischer Arzneien ist die Ähnlichkeitsregel, die von Samuel Hahnemann als Grundsatz der Homöopathie festgelegt wurde. Arzneien, die in der Lage sind, bei Gesunden Beschwerden hervorzurufen, sollen diese bei Kranken heilen. Für die Mittelwahl werden dementsprechend alle Aspekte der Erkrankung berücksichtigt, insbesondere auch Veränderungen im Gemüt und anderen Körperbereichen des Patienten (z.B. Appetit, Durst, Schlaf, Wärmehaushalt etc.). Die Symptome müssen näher spezifiziert werden und hier zeigen sich erste Schwierigkeiten bei der Behandlung von Tieren. Während der Homöopath bei der Behandlung von Menschen gezielte Fragen stellen und sich so ein genaues Bild der Krankheit machen kann, ist er bei Tieren auf seine eigene Beobachtungsfähigkeit angewiesen, viel mehr aber noch auf die Schilderungen des Tierbesitzers. Je genauer der Halter die Symptomatik seines Tieres beschreiben kann, desto einfacher und sicherer wird der Weg zum richtigen Heilmittel.Wann bessern sich die Beschwerden und wodurch verschlimmern sie sich? Wo genau sitzt der Schmerz und wie fühlt er sich an? Welche Beschwerden treten gleichzeitig oder zeitversetzt mit dem Hauptsymptome auf? Viele Aspekte des Falles lassen sich bei Tieren nur schwer herausfinden oder bleiben verschwommen und unklar. Daher geben in der Behandlung von Tieren die objektiven Symptome wie Veränderungen am Fell oder am Gefieder, Form, Farbe und Geruch von Ausscheidungen oder auch das Aussehen der Zunge sehr oft die entscheidenden Hinweise auf das benötigte Arzneimittel.
Die richtige Potenzwahl in der Veterinärhomöopathie

Die Wichtigkeit der richtigen Potenzhöhe wird von Homöopathen immer wieder betont. Allerdings gibt es keine festgeschriebenen Regeln, so dass die Potenzwahl meist von individuellen Krankheitsaspekten sowie der Erfahrung des Verordners abhängt. Bönninghausen, der zahlreiche Tiere behandelte, verwendete ähnlich wie Hahnemann die 30. Potenz, griff später aber auch auf höhere Potenzen zurück. Andere Homöopathen hingegen verordnen bei Tieren vorwiegend die tiefen Potenzstufen wie z. B. die C6.[1]
Placebowirkung bei Tieren?
Gegner der Homöopathie argumentieren, dass die Mittel in hohen Verdünnungen, wenn sie chemisch betrachtet keinen Wirkstoff mehr enthalten, nur über den sogenannten Placeboeffekt wirksam seien. Eine Wirkung wäre demzufolge auf die Erwartungshaltung oder die Einbildung des Patienten zurückzuführen, nicht aber auf die verabreichte Arznei.
Bei Tieren ist eine Placebowirkung, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt möglich, weshalb Anhänger der Methode die Heilungserfolge bei Tieren als sicheren Beweis für deren Wirksamkeit ansehen. Schließlich kann man seinem Tier nicht einreden, dass das Mittel im Trinknapf die Entzündung lindert, das lästige Hautjucken oder den Schmerz wegnimmt.
Zwingerhusten, Katzenschnupfen & Co – Wann hilft die Veterinärhomöopathie?
Nachdem die Veterinärhomöopathie gegen Ende des 19. Jahrhunderts nahezu in Vergessenheit geraten war, erlebte sie ab den 1920er Jahren eine Renaissance und ist heute beliebt wie nie zuvor. So sind die Mittel heutzutage auch bei vielen Tierhaltern ein fester Bestandteil der Hausapotheke.
Grundsätzlich werden homöopathische Arzneien von entsprechend ausgebildeten Tierärzten oder Veterinärhomöopathen bei sämtlichen Tierarten und Gattungen verordnet.Egal ob bei Hund, Katze, Pferd oder Vogel, sogar Landwirte vertrauen in der Behandlung ihrer Tiere auf die potenzierten Mittel. Ähnlich wie in der Humanhomöopathie können die Arzneien bei kranken Tieren dann angewendet werden, wenn der Organismus noch zu einer Heilreaktion in der Lage ist.[3]
Die Verabreichung der Mittel kann über das Trinkwasser erfolgen, über Injektionen oder über Einreibungen in die Haut.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Homöopathie eine sinnvolle Ergänzung zur herkömmlichen Tiermedizin darstellt. Allerdings stellt sie den Therapeuten vor ganz besondere Aufgaben. Und je besser er die Eigenschaften seiner gefiederten, bepelzten oder geschuppten Patienten kennt, desto eher wird er in der Lage sein, das passende Heilmittel zu finden.
Quellenangaben:
[1] Robert Jütte und Martin Dinges, Homöopathie – Eine Heilkunde und ihre Geschichte, http://www.igm-bosch.de/content/language1/downloads/Homoeopathie_Eine_Heilkunde.pdf, 20.7.2015
[2] Jutta Backert-Isert, Clemens Maria Franz von Bönninghausen und seine tierhomöopathische Praxis in ihrem therapiegeschichtlichen Kontext, http://www.igm-bosch.de/content/language2/downloads/backert_isert.pdf, 21.7.15
[3] Achim Schütte, Die Geschichte der Veterinärhomöopathie, http://www.carstens-stiftung.de/eigene/vet/index.php, 22.7.15