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Prophylaxe mit Homöopathie?

Einer Krankheit entgegen zu treten und die Krankheitserscheinungen abzuwenden, bevor sie ausbrechen, ist ein hohes Ziel in der Medizin...

© panthermedia.net / terra

Einer Krankheit entgegen zu treten und die Krankheitserscheinungen abzuwenden, bevor sie ausbrechen, ist ein hohes Ziel in der Medizin. Im Jahr 1796 unternahm der britische Landarzt Edward Jenner einen Versuch, indem er Kuhpocken, also abgeschwächte Pockenerreger, auf einen gesunden Jungen übertrug. Der Junge erkrankte daraufhin an dieser vergleichsweise harmlosen Infektionskrankheit. Anschließend infizierte Jenner den Jungen mit echten Pockenstämmen, woraufhin diese gefährliche Erkrankung nicht ausbrach. Damit war der Grundstein zur Impfung gelegt und Jenners Experiment gilt bis heute als Geburtsstunde der modernen Immunologie.[1]

Geschichte der Homöo- Prophylaxe

Nur wenige Jahre nach Jenners Versuchen mit den Pocken, genauer gesagt im Jahr 1799, berichtete Samuel Hahnemann von der erfolgreichen Anwendung von Belladonna als Prophylaktikum bei einer Scharlach-Epidemie. Der Begründer der Homöopathie hatte das Mittel, das aus der Tollkirsche zubereitet wird, bei fünf Kindern einer Familie verordnet, die bis dahin noch keine Anzeichen einer Ansteckung zeigten. Die bereits erkrankte Schwester hingegen wurde mit demselben Mittel innerhalb kurzer Zeit beschwerdefrei.[2] Zuvor hatte Hahnemann entdeckt, dass es bei Personen, die zuvor aufgrund anderer Beschwerden ebenfalls mit Belladonna behandelt wurden, nicht zum Ausbruch der Krankheit kam.
Auch bei der Cholera-Epidemie, die um 1830 in Europa wütete, empfahl Hahnemann in verschiedenen Schreiben an seine homöopathischen Kollegen Arzneien zur Vorbeugung der Krankheit.[3] Zahlreiche weitere Berichte von erfolgreichen prophylaktischen Anwendungen folgten, beispielsweise von Clemens von Bönninghausen während der Cholera-Epidemie 1849.[4] Allerdings stießen Hahnemanns Aussagen unter den Kollegen auch auf breite Kritik, da Grundsätze der Homöopathie durch die prophylaktische Anwendung von Arzneien verletzt werden. Und so wird die sogenannte Homöoprophylaxe bis heute kontrovers diskutiert.

Ohne Symptome keine Therapie?

Grundlage für eine homöopathische Behandlung ist in jedem Krankheitsfall das individuelle Symptombild des Patienten. Zu diesem Zweck ermittelt der Homöopath bei der Krankenbefragung, der sogenannten Anamnese, möglichst viele Zeichen der Erkrankung. Die körperliche Untersuchung kann weitere wichtige Hinweise auf das Geschehen geben. Schmerzempfindungen wie stechend, brennend, drückend oder ziehend, aber auch das Aussehen, Geruch oder Eigenschaften von Ausscheidungen werden erfragt. Ebenso spielen Zeiten und Umstände, unter denen sich die Symptome bessern oder verschlechtern, eine große Rolle. Vielleicht gibt es auch eine mögliche Krankheitsursache wie eine zugrunde liegende Verletzung, ein Schreck oder Schock? Letztlich können auch psychische und geistige Aspekte wie Reizbarkeit, Ängste oder Konzentrationsstörungen für die Beurteilung der Erkrankung entscheidend sein und müssen sorgfältig beobachtet oder erfragt werden.

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Erst wenn ein möglichst vollständiges Krankheitsbild erfasst ist, kann der Behandler das passende Heilmittel entsprechend dem homöopathischen Ähnlichkeitsgesetz auswählen. Wie sieht die Mittelwahl aber aus, wenn noch keine Symptome vorliegen? Kann man den Ausbruch einer Krankheit mit Hilfe homöopathischer Arzneien tatsächlich erfolgreich verhindern?
Wie Hahnemann gezeigt hat, kann dies durchaus gelingen. Allerdings muss beachtet werden, dass er die Prophylaxe ausschließlich bei epidemischen Krankheiten empfohlen hat. Und selbst hier spielen individuelle Zeichen des Krankheitsverlaufs eine entscheidende Rolle.

Belladonna und der Scharlach

Grundlage für Hahnemanns Verordnung von Belladonna als vorbeugendes Mittel bei der Scharlach-Epidemie waren unzählige Krankenberichte, die er sorgfältig studierte, um die Besonderheiten der Krankheit während dieser Epidemie herauszufinden. Detailliert hielt er die Symptome der Krankheit fest, wie sie begann, welche Haupt- und auch Nebenbeschwerden dabei auftraten, oder wann sich die Symptome besserten oder verschlechterten. Anschließend fand er in der Tollkirsche das Mittel, das ähnliche Symptome bei Gesunden hervorrufen und demzufolge die Krankheit heilen kann.

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Dabei war Belladonna nicht das einzige Mittel, das er bei der damals herrschenden Scharlach-Epidemie empfahl. Je nach Krankheitszustand kamen bei ihm auch der Schlafmohn (Papaver somniferum bzw. Opium) oder die Brechwurzel (Ipecacuanha), zum Einsatz.[5]

Man kann aus den Erfahrungen Hahnemanns jedenfalls nicht schließen, dass Belladonna bei sämtlichen Fällen von Scharlach prophylaktisch als Heilmittel angewendet werden kann. Denn letztlich verlaufen auch Scharlacherkrankungen äußerst individuell. Die allgemeinen Zeichen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Übelkeit, Erbrechen sowie heftige Halsschmerzen sind bei nahezu allen Krankheitsfällen vorhanden. Auch finden sich zahlreiche Mittel, die bei solchen Symptomen homöopathisch angewendet werden können. Erst die individuellen Symptome wie beispielsweise Kälteempfindungen bestimmter Körperteile oder Schmerzen, die nur in einer besonderen Körperhaltung erträglich sind, oder aber eine psychische Auffälligkeit machen eine homöopathische Mittelwahl möglich. Und nur wenn diese Besonderheiten bei möglichst vielen Krankheitsfällen vorhanden sind, kann man davon ausgehen, dass das gewählte Heilmittel auch in der Lage sein kann, die Krankheit bei symptomfreien Personen zu verhindern.

Um ein wirksames Prophylaktikum zu finden, müssen also zuerst mehrere Fallbereichte von Erkrankten miteinander verglichen werden. Findet sich dann eine ungewöhnliche Gemeinsamkeit, die diesen Fällen eigen ist, kann ein Homöoprophylaktikum nach dem homöopathischen Ähnlichkeitsgesetz bestimmt werden. Weichen die Krankheitszeichen bei einem Patienten jedoch von diesem Krankheitsbild ab, wird die prophylaktische Wirkung ausbleiben.

Prophylaxe – Wirksamer Schutz vor Krankheiten

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Grundsätzlich spielt bei der Vorbeugung vor Krankheiten (Prophylaxe) ein intaktes Immunsystem die entscheidende Rolle. Unspezifische Maßnahmen wie Wechselbäder, eine vitaminreiche Ernährung, Bewegung an der frischen Luft oder auch pflanzliche Mittel wie der rote Sonnenhut (Echinacea purpurea) steigern die Abwehrkräfte und können nachweislich zu einem besseren Schutz vor Infektionskrankheiten führen. Auch wenn sie diese nicht in jedem Fall verhindern können.

Homöopathische Mittel hingegen werden immer entsprechend dem vorliegenden Beschwerdebild verordnet. Die Krankheit muss also bereits ausgebrochen sein und zeigt sich durch klare Symptome. Eine gezielte Prophylaxe gegen bestimmte Krankheiten ist aus homöopathischer Sicht daher nicht möglich.

Quellenangabe:

[1] Stephanie Hanel, Von Jenner bis Tonegawa – Die Immunologie und ihre Protagonisten, http://www.lindau-nobel.org/von-jenner-bis-tonegawa-die-immunologie-und-ihre-protagonisten/, 24.7.15
[2] Anton Roher, Homöopathische Epidemiebehandlung – Eine Erfolgsgeschichte, http://www.hahnemann.at/docs/Homoeopathische_Epidemiebehandlung.pdf
[3] Karl-Friedrich-Scheible, Hahnemann und die Cholera, Karl F. Haug Verlag, Heidelberg, 1994, S. 53 ff.
[4] Isaac Golden, Homeoprophylaxis: An historical Snapshot, http://hpathy.com/homeopathy-papers/homoeoprophylaxis-historical-snapshot/, 26.7.2015
[5] Hanspeter Seiler, Die Entwicklung von Samuel Hahnemanns ärztlicher Praxis, Karl F. Haug Verlag, Heidelberg, 1988, S. 49